Kommunikationsformen beim Online-Lernen und Moderation von Online-Lerngemeinschaften
Kommunikationsformen
Abbildung 3 zeigt eine reduzierte Darstellung der eingangs geschilderten Kommunikationsformen, die heute typischerweise innerhalb einer konkreten Lehr- und Lernumgebung zum Einsatz kommen.
Herangezogen werden dafür die drei Parameter Zeitdimension, Betreuung und Verhältnis der Beteiligten: Zunächst unterscheidet man zwischen synchroner (zeitgleicher) und asynchroner (zeitversetzter) Kommunikation. Aus Sicht der Lehrenden gibt es Situationen, in denen sie betreuend tätig sind oder die ein Angebot an Lernende darstellen, ohne dass dabei eine zusätzliche Betreuung erfolgt. Dann wird die Art der Kommunikation im Hinblick auf die Zahl der Beteiligten und wer mit wem kommuniziert dargestellt. So können Einzelgespräche (1:1) stattfinden, sich einzelne Lehrende mit mehreren Lernenden austauschen (1:n) oder auch eine Vielzahl von Beteiligten auf einer Plattform in Austausch treten (n:n). Beispielsweise findet in Newsgroups in der Regel keine Betreuung durch Lehrende statt, während Diskussionsforen, sofern sie in der Lehre eingesetzt werden, meist durch eine oder mehrere Lehrpersonen betreut werden. Je nach didaktischer Zielsetzung ist der Einsatz verschiedener Kommunikationsarten und Medien in einem entsprechenden Lernszenario sinnvoll.
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Computervermittelte Kommunikation und Prozesse des Lernens können nach verschiedenen Parametern beschrieben werden. Die gebräuchlichsten sind: Zeitdimension, Empfängerzahl, Symbolsystem, Informationsfluss, Öffentlichkeitsgrad und Betreuung.
E-Moderation
Die ohnehin hohe Komplexität des gruppenbasierten Lernens wird durch die Besonderheiten der computervermittelten Kommunikation oft noch zusätzlich verstärkt. Zur Strukturierung des gemeinsamen Lernprozesses bietet sich daher der Einsatz von E-Moderatorinnen und E-Moderatoren an.
Diese erfüllen eine Reihe von Aufgaben, die sich den idealtypischen Betreuungsbereichen Inhalt, Organisation, Technik und Lernklima zuordnen lassen, je nach Lernszenario aber natürlich kontextspezifisch auszufüllen sind. Insbesondere das Lernklima, also die psychosoziale Betreuung und Motivation der Lernenden, ist für den Erfolg gruppenbasierter Lernszenarien wichtig.
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Lesen Sie das Beispiel von Samantha.net (siehe Box „### In der Praxis“). Wie würden Sie ein Angebot konzipieren, das den Aufbau und die Pflege von Lerngemeinschaften in Ihrem Studium optimal unterstützt? Welche Merkmale und Kommunikationsmöglichkeiten sollte ein solches Angebot haben?
Gruppendynamisches Ablaufmodell
Viele Moderationsmodelle, so auch Vorschläge für E-Moderations-Abläufe, beziehen sich bewusst auf gruppendynamische Ablaufmodelle (vor allem auf Tuckmans Stufenmodell zur Gruppendynamik, 1965): In der Formierungsphase (engl. „forming“) lernen sich die Gruppenmitglieder kennen, die Konfliktphase (engl. „storming“) ist durch unterschwellige Konflikte aufgrund der Selbstdarstellung der (neuen) Teammitglieder und Cliquenbildungen geprägt. In der folgenden Phase werden Regeln und Normen geklärt (engl. „norming“), so dass schließlich produktives Agieren (engl. „performing“) möglich wird und die Zusammenarbeit und das zielgerichtete Handeln der Gemeinschaft im Vordergrund steht. Schließlich löst sich eine Gemeinschaft wieder auf (engl. „ad journing“). E-Moderation soll diese Gruppenprozesse nun bewusst unterstützen und optimieren.
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E-Moderation ist die ziel- bzw. curriculumsorientierte Steuerung und Leitung der Kommunikation und des Austauschs von Lern- und Arbeitsgruppen.
Moderationsabläufe und -modelle
Levin und Cervantes (2002) beschreiben den Lebenszyklus von Online-Lerngemeinschaften folgendermaßen (S. 207f.):
- In der Antragsphase geht es darum, alle Mitglieder der Lerngemeinschaft davon zu überzeugen, sich an einem gemeinsamen Lernprozess zu beteiligen und die Lerngemeinschaft als solche zu initiieren.
- Darauf folgt die Verfeinerungsphase, in deren Verlauf die Idee eines gemeinsamen Lernprozesses konkretisiert und hinsichtlich der Zielsetzungen präzisiert wird.
- In der Organisationsphase werden die Formen und Arten der Kommunikation beschlossen sowie Zeitpläne vereinbart und ausgetauscht.
- Nun folgt die Ausführungsphase, in der die eigentlichen Lernprozesse stattfinden und die gemeinsam festgelegten Ziele verfolgt werden. Während andere Online-Communitys in aller Regel ohne definierten Endzeitpunkt betrieben werden, ist bei Online-Lerngemeinschaften oft ein bestimmter Zeitraum für diese Phase vorgesehen. Die Ausführungsphase endet häufig mit einer Zusammenfassung oder einem Dankeschön der Initiatorinnen und Initiatoren.
- In der letzten Phase, der Publikationsphase, werden schließlich die Ergebnisse des gemeinsamen Lernens dargestellt und veröffentlicht, gegebenenfalls auch reflektiert.
Das wohl am weitesten verbreitete Modell für reine Online-Veranstaltungen ist das von Salmon (2002). Sie empfiehlt ein sehr strukturiertes Vorgehen beim Online-Lehren und -Lernen. Während jedes Abschnittes gibt es bestimmte Tätigkeiten seitens der E-Moderatorinnen und E-Moderatoren, wobei die Interaktivität zwischen den Lernenden mit jeder Phase stark zunimmt. Die fünf Stufen sind:
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Die erste Phase betrifft Zugang und Motivation: Am Beginn muss sichergestellt sein, dass alle Teilnehmenden einen problemlosen und schnellen Zugang zu den Online-Ressourcen haben. Die technische Komponente darf dabei nicht zum Hindernis werden. Darüber hinaus sollten die Lernenden immer wieder ermutigt und motiviert werden auf die Lernplattform zurückzukehren. Salmon weist auf die Bedeutung einer Vorstellungsrunde hin und auch auf eine explizite Einweisung und Erprobung der Kommunikationsmöglichkeiten.
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In der Phase der Online-Sozialisation soll die lehrende Person versuchen, eine Gemeinschaft zu bilden. Sozialisationsphase und Beseitigung kultureller Barrieren kennzeichnen diesen Schritt zur Bildung der Lerngemeinschaft.
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Im Zuge des Informationsaustauschs sichten, sammeln und verarbeiten die Lernenden Informationen. Es sollten vorwiegend asynchrone Kommunikationstools verwendet werden, damit alle Lernenden ihr Tempo selbst bestimmen können und sich an die Nutzung der technischen Möglichkeiten gewöhnen.
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Erst in der Phase der Wissenskonstruktion wird zuerkannt, dass die Lernenden das Potential der Kommunikationstools ausschöpfen. Es erfolgt laut Salmon aktiver Austausch. Das neu erworbene Wissen wird mit der eigenen Erfahrung und jener der anderen kombiniert. Diese Phase ist durch Interaktivität und Aktivität gekennzeichnet.
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In der Phase der Entwicklung übernehmen die Lernenden selbst die Verantwortung für das Lernen. Die Anwendung des neuen Wissens steht ab jetzt im Vordergrund. Reflexion und kritische Auseinandersetzung sollten mit den entsprechenden Applikationen unterstützt werden. E-Moderatorinnen und E-Moderatoren sollen Hinweise auf vertiefende Materialien geben und beenden die Veranstaltung mit einer Abschlussrunde.
In der Praxis: Soziale Netzwerke
In den letzten Jahren hat sich die Kommunikation im Internet merklich von Diskussionsforen oder Chats hin zu sozialen Netzwerken verlagert. Insbesondere Facebook hat sich zu einem weltweiten Kommunikationszentrum entwickelt, aber auch Twitter oder Google+ sind sehr beliebt. Diese Plattformen zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass man neben einem Identitäts- und Netzwerkmanagement, einem Informationsmanagement, auch die Interaktion und Kommunikation zwischen Benutzerinnen und Benutzern der Plattform stark unterstützt (Koch & Richter, 2008). Soziale Netzwerke, wie Facebook, erlauben es, mit anderen, sogenannten Freunden bzw. Freundinnen, direkt in Kommunikation zu treten, indem man mit ihnen Inhalte teilt oder andere deren Inhalte positiv bewerten („like“) beziehungsweise kommentieren. Durch die Möglichkeit, offene und geschlossene Gruppen zu bilden, ist auch die Bildung von Online-Communities zu spezifischen Themen- oder auch Lehr- und Lernbereichen einfach möglich (Ebner & Lorenz, 2012).
Microblogs, wie Twitter, sind vom Aufbau etwas anders. So kann ein Beitrag nicht direkt kommentiert, sondern beantwortet werden und erscheint dann im allgemeinen Informationsstream (siehe #blogging). Dieses Kommunikationsmittel wird durch seine öffentliche Zugänglichkeit und Einfachheit heute sehr gerne bei Online-Veranstaltungen als begleitendes Kommunikationsmittel eingesetzt. Als aktuelles Beispiel seien hier cMOOCs angeführt (siehe #systeme).
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